Seit 1984 hat die Stadtbibliothek die Liegenschaft mit dem Zimmermannhaus Kunst & Musik geteilt. Ihr Auszug Ende 2022 lässt zwei Stockwerke leer zurück. Es steht eine dreijährige Zwischennutzung für Kunstausstellungen bevor. Zu deren Auftakt beziehen Petra Njezic und Davina Andrea Deplazes das Haus. In einer 8-wöchigen Residenz entwickeln sie vom 3. Januar bis 24. Februar einzeln und gemeinsam Interventionen, ermöglichen Einblicke in ihre Schaffensprozesse und bereiten ihre Ausstellung vor. «Mansarde & Souterrain» zeigt vom 26. Februar bis 16. April 2023, was die Residenz vom Erdgeschoss bis ins Dach ermöglicht hat. Zusammenarbeit, Austausch, offene Türen sind Teil dieses Projekts.Zur Residenz ist die Publikation _957 Independent Art Magazine #149_Mansarde & Souterrain erschienen.
PETRA NJEZIC
Petra Njezic (*1989 in Wetzikon, lebt und arbeitet in Aarau) nutzt den unmittelbaren Charakter von Malerei, um ganz grundsätzlich über Raum nachzudenken. Die Illusion von Tiefe im Bild sucht den Kontakt zur umgebenden Architektur, es berühren sich Bild, Raum und Illusion. Unter dem Titel «Raumgebungen» stellt die Künstlerin mit flächigen Kompositionen Schlüsselfragen an unsere Wahrnehmung: Wo haben wir es mit einer Aufsicht, wo mit einem Blick in die Tiefe zu tun? Lotsen uns Njezics Werke an einen anderen Ort oder erzählen sie etwas übers Hier und Jetzt? Und überhaupt: trifft der Begriff der Abstraktion zu auf die grossflächigen Gesten? Zeigen sie Schatten oder vergrösserte Details einer Wirklichkeit, in der wir Übersicht sowieso verloren haben? Auf den ersten Blick flache, plakative Auslegeordnungen gewinnen im längeren Hinsehen an Tiefe, halten einen Zustand zwischen Stehen, Liegen und Fliegen: etwas Schwebendes stellt sich ein und streut seine Wirkung ins Atelier, in den Ausstellungsraum.Nach einigen Jahren, in denen Petra Njezic zwischen der Schweiz und Kroatien hin und her gereist ist, lebt sie seit 2014 fest im Kanton Aargau und verfolgt im Atelier im Aarauer KIFF konzentriert ihr künstlerisches Schaffen. Residenz und Ausstellung «Mansarde & Souterrain» stellen ihr einen experimentellen Raum in Aussicht. Die Möglichkeit, mehrere Etagen zu bespielen, wird den malerischen Prozess auf Architektur ausweiten. Die «Hyperproduktivität» – ein unbedingtes Dranbleiben, fortlaufendes Auswerten, Verwerfen oder Weiterentwickeln – mündet im Dialog mit der Liegenschaft in eine Zwischenbilanz: wohin hat Malerei sich ausgedehnt?
DAVINA ANDREA DEPLAZES
Davina Andrea Deplazes (*1999 in der Surselva GR, wohnt und arbeitet in Luzern) setzt sich multimedial mit der Wechselwirkung zwischen Mensch, Objekt und Raum auseinander. Ihre Erfahrung teilt sie in Form von installativen, atmosphärischen Settings. Nachdem sie sich zunächst den musikalischen Ausdrucksformen gewidmet hatte, folgte sie dem Bedürfnis, ganze Räume zu gestalten und auch akustisch in Schwingung zu versetzen. Parallel zu ihrer künstlerischen Praxis studiert sie an der Hochschule Luzern Design & Kunst Spatial Design. Dabei kennzeichnet das Kombinieren und Überschreiten von medialen Grenzen ihren noch jungen künstlerischen Weg. Deplazes’ begehbare Installationen und Räume bestehen aus Skulpturen, Reliefs, Projektionen oder Sound. Sie sind erlebbar als Stimmungsräume, in deren Zentrum das Publikum sich selbst, Ein- und Ausgrenzungen anders erfahren kann. Philosophische und soziale Fragen sowie alltäglich erlebte soziale Paradoxien beschäftigen die Künstlerin. Ebenso entsteht in der Wechselwirkung dieser Themen die Suche nach Möglichkeiten der Partizipation. Ihr Verständnis des Begriffs der «Atmosphäre» schliesst ein kaum messbares, körperliches und emotionales Empfinden ein. Die hoffentlich aktive Teilnahme von Besucher:innen und die freie musikalische sowie tänzerische Bespielung und Interpretation der Räume werden als performative Akte filmisch dokumentiert. Organisch und modular aus diversesten Materialien sind Raumskulpturen angedacht. Eine breite Materialpalette – von Aluminium, Bronze, Speckstein, Gips, Lack und mehr – stiftet einladende makellose, polierte Hüllen und raue Oberflächen. Sie leuchten das Verhältnis aus zwischen Mensch und Behausung – zwischen Individuum und Produktion. Wo ist der Raum? Wo wir BetrachterInnen? Acht Wochen Wirken im Zimmermannhaus bieten eine ungewöhnliche Chance: Nicht das Präsentieren eines Ergebnisses, sondern das fortlaufende Entstehen und der Dialog mit dem Ort rücken in den Vordergrund.
davina-andrea-deplazes.kleio.com
AUSSTELLUNGSTEXT
zu Petra Njezic & Davina Andrea Deplazes von Marlene Bürgi
OPEN RESIDENCY & OPEN HOUSE
Während der Residenz öffnen die beiden Künstlerinnen Davina Andrea Deplazes und Petra Njezic jeweils am Mittwochabend die Türen und geben Einblicke in den Arbeitsprozess:Mittwoch, 25.01.*Mittwoch, 01.02.Mittwoch, 08.02.Mittwoch, 15.02.Mittwoch, 22.02.Jeweils 18–20 Uhr, mit Apéro* am 25.01. mit Füroobefüür Quartierverein Altstadt und Umgebung
ÖFFNUNGSZEITEN
AB 26.2.Mi–Fr 14.30–18, Sa–So 11–16 Uhr
Karfreitag & Ostermontag geschlossen
Eintritt Ausstellung frei
ERÖFFNUNG
Samstag, 25. Februar, ab 17 UhrMit DJ/Musik ab 20 Uhr
DIE KÜNSTLERINNEN IN DER AUSSTELLUNG
mit Release 957 Independent Art Magazine
Mittwoch, 15. März, 18–20 Uhr, mit Apéro
WORTWECHSEL
Freitag, 24. März, 19 UhrDie Künstlerinnen im Gespräch mit Marlene Bürgi, Kunsthistorikerin