Sarah Burger beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit der gleichzeitigen Anwesenheit unterschiedlicher Zeitschichten, mit Materialeigenschaften sowie mit kulturellen Wertveränderungen und -gefügen. Die Künstlerin betrachtet die Welt als „ongoing sculpture“, zu der unterschiedliche Kulturen und natürliche Kräfte zu unterschiedlichen Zeiten beitragen und ihre Gestalt, ihre Sichtbarkeit, ihre Verhältnisse verändern.Die gleichzeitige Anwesenheit unterschiedlicher Zeitschichten ist eine wiederkehrende Thematik in Sarah Burgers Werk. Ihr Kosmos an Bildern, Objekten und ortsspezifischen Interventionen verwebt Ahnungen, Erinnerungen und Wissen und fordert uns gleichzeitig zu Spekulationen heraus. Zeichnet sich nicht in der Auflösung, mehr noch: im Zerfall historischer Fotografie, ein neuer Horizont ab? Welche Deutungen des Heute werden einst in unseren Spuren gelesen werden?

Für die Arbeit im kunstkasten arbeitete die Künstlerin mit einem bildergenerierenden neuronalen Netzwerk, also einer künstlichen Intelligenz, die aus Wörtern Bilder macht. Die von der Künstlerin eingegebenen Wörter kreisen um minimale Beschreibungen von Gegenständen – etwa «Objekt» und «Material» oder «Holz» und «Ding». Was die Künstlerin interessiert, sind die visuellen Resultate der digital generierten Bilder – sie haben alle eine fotografische Qualität, zeugen von Licht und Volumen. Es scheint, als seien es Fotografien von Dingen, die es nicht gibt – vertraut und unbekannt zugleich.Die im Zusammenspiel von Worteingabe und künstlicher Intelligenz entstandenen Bilder sind eine nächste Sichtbarkeit von Realität, die selbst nicht Abbild von etwas Materiellem sind. Die Künstlerin vermengt in ihren grossformatigen Prints eine Auswahl dieser Bilder zu Collagen. Durch das Drucken der ausgewählten Bilder auf Stoffbahnen erhalten sie eine materielle Substanz, transformieren sich in die dingliche Welt, in etwas physisch Greifbares. Als Installation verbinden sich die gedruckten Bilder mit tatsächlichen Gegenständen, welche die Künstlerin gefunden hat. Skurrile Objekte, deren Funktion nicht direkt ersichtlich ist und über deren Entstehungskontext sich mutmassen lässt. Sarah Burger interessiert sich für die Verhältnisse von der stofflichen Welt, Dingen und Bild, von Materialität und Immaterialität, von Anwesenheit und Abwesenheit. Was umgibt uns, wie gestalten wir die Welt, wie nehmen wir sie wahr und wie werden Menschen zukünftig in Gesellschaft leben mit Dingen und technologischen Wesen?

Sarah Burger (*1982, lebt und arbeitet in Zürich) absolvierte nach dem Studium der Philosophie, Komparatistik und Linguistik an der Humboldt Universität Berlin und der Universität Zürich von 2009-2011 den work.master an der HEAD in Genf (Master en Arts Visuels). Von 2012-2017 war sie Doktorandin an der ZHdK Zürich und der Kunstuniversität Linz.

Weitere Infos: https://sarahburger.ch‍

‍Kuratiert von Katharina Kofler